Bio – das Geschäft mit dem guten Gefühl.

Der Ernährungsreport 2019 des Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft kommt zu dem Schluss, das für 91% der Deutschen “Ernährung vor allem gesund sein soll”. Ebenfalls jeder zweite Deutsche achtet beim Einkauf “immer” oder “meistens” auf das Bio-Siegel und damit auf Bioprodukte.

Auch das Ökobarometer 2018 kann Berichten: “Weiter steigende Nachfrage nach Bioprodukten” und “Mehr als ein Viertel der Befragten kauft inzwischen regelmäßig Biolebensmittel”

Bio Kartoffel
Bio Kartoffeln

Es ist heute kein Problem mehr Bio-Lebensmittel zu kaufen. Jeder Berliner Supermarkt bietet die gängigen Obst- und Gemüsesorten ganzjährig in “BIO” Qualität zu günstigen Preisen an. – Und genau da liegt leider der “Hase im Pfeffer”. Manchmal sind “Bioprodukte” eben doch mehr Schein als Sein.

Für mich hört sich der Begriff “BIO” im Zusammenhang mit Obst und Gemüse erstmal nach gesundem Essen an. Lebensmittel, die fair Produziert werden und gleichzeitig mit kurzen Lieferwegen und anständiger CO2 Bilanz zu mir gelangen.

Leider ist es in der Realität nicht ganz so “BIO” und ökologisch, wie ich es mir wünschen würde:

Die Krux mit den Bio Kartoffeln aus Ägypten

Bio Früh-Kartoffel
Frühkartoffel Annabelle aus Ägypten. Bildquelle: (AbL)

Im April 2019 hat das Unternehmen Dennree, das Deutschlandweit rund 300 eigene Bio-Supermärkte betreibt, in seinen Berliner Märkten „denns“ Bio-Frühkartoffeln aus Ägypten für 1,79 Euro/KG verkauft. Die ebenfalls verkauften, regional erzeugten Bio-Kartoffeln der letztjährigen Ernte kosten im gleichen Laden 2,29 €/kg und sind damit 50 Eurocent teurer als die Importware aus dem Wüstenstaat.

Nach Aussage von Phillip Brändle, Mitglied der Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft, selber Bauer im Berliner Umland, ist das Angebot nicht nachvollziehbar. „Zwar neigen sich die Läger mit regionalen Biokartoffeln langsam dem Ende entgegen, aber Kolleginnen und Kollegen sowie Erzeugerzusammenschlüsse haben durchaus noch Kapazitäten, um noch bis Ende April regionale Biokartoffeln nach Berlin zu liefern“.

Es bestand keine Notwendigkeit, Importkartoffeln anzubieten.

Aus Sicht der AbL bestand also noch keine Notwendigkeit, derartige Importware anzubieten. Selbst wenn, gebe die Preisgestaltung auf jeden Fall Anlass zu Kritik.

„Wie kann es sein, dass Biokartoffeln aus einem Land, das zu 96 Prozent aus Wüste besteht und von wo aus die Kartoffeln rund 2900 km nach Berlin transportiert werden müssen, 50 Cent je Kilo günstiger sind als die Ware der Bauern aus dem Umland von Berlin?“. Brändle weiter: „Was ist das für ein fatales Signal an die regionalen Bäuerinnen und Bauern in Brandenburg, die aktuell die Kartoffeln für die kommende Ernte in den Boden legen?“

Bio Kartoffel Denns Berlin
Deutsche Demeter Kartoffel der Sorte Linda. Bild: (AbL)

Ich finde, recht hat der Mann. Sicherlich entsprechen die importierten Kartoffeln objektiv dem “BIO” Demeter Standard. Aber, es gibt in Deutschland seit geraumer Zeit eine hitzige Diskussion um Co2, Dieselfahrverbote sowie einer zusätzlichen Ökosteuer. Berliner Schüler gehen für Ihre saubere Zukunft auf die Straße und einer der größten Berliner Bio-Supermarktketten verkauft “BIO” Kartoffeln, die fast 3000 KM mit Schiff und LKW nach Berlin gebracht werden? – Trotz aller ökonomischen Zwänge eines Unternehmens, sowas darf nicht sein.

Wir haben im Berliner Umland viele Landwirtschaftliche Betriebe die EU-BIO, Demeter, Bioland, Naturland u.s.w. produzieren. Wenn wir Verbraucher also “BIO” Kaufen wollen, dann doch bitte regional.

Warum schreibt der über die Kartoffel?

Falls Ihr euch jetzt fragt, weshalb schreibt der ausgerechnet über die Kartoffel? Diesen Artikel hätte ich auch über andere Gemüse schreiben können, mit der kleinen Knolle verbindet mich aber eine ganz persönliche Beziehung.

Über 40 Jahre lang haben meine Eltern, Ihre Geschwister und meine Großeltern mit Kartoffeln gehandelt. Ich habe als heranwachsender und junger Erwachsener beim Verkauf geholfen. Bin mit meinem Vater morgens auf den Großmarkt gefahren um Knoblauch, Zwiebeln und Kartoffeln einzukaufen. Ein bis zwei mal die Woche haben wir zusätzlich direkt beim Bauern Kartoffeln gekauft und mit dem LKW abgeholt. Zuhause drehte sich eigentlich alles immer um “Terrae Tuber”, die Erdknolle.



Das Geschäft fortführen wollte ich nicht. Sechs Tage in der Woche morgens um 3.30 Uhr aufstehen, bei jedem Wetter “auf dem Wochenmarkt stehen” und täglich im Kartoffelstaub hocken. Zumindest damals war das nicht nicht meine Idee von einem schönen Leben.

Wie auch immer, ich werde jetzt wieder öfters einen Hofläden besuchen oder auf einem der Berliner Wochenmärkte meine Kartoffeln kaufen. Und mehr Spass als den Einkauf im Supermarkt zu “erledigen” macht ja so ein “Wochenmarktbesuch” zusätzlich auch noch.

1 Antwort

  1. 6. Januar 2020

    […] Produkten manchen treibt und der Klimaschutz auf der Strecke bleibt könnt Ihr in meinem Artikel “Bio- Das Geschäft mit dem gutem Gefühl” […]

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